Lexikon

Das Münchner Abkommen und Zusätze

Um einen drohenden Krieg zu verhindern, treffen sich Vertreter Frankreichs und Großbritanniens einerseits und die Achenmächte Deutschland und Italien andererseits in München und schliessen ein Abkommen, in dem weitgehende Zugeständnisse an Hitler's Expansionspolitik vereinbart werden.


Geheime Reichssache!        München, den 29. September 1938

Abkommen zwischen Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich
und Italien, getroffen in München am 29. September 1938.

Deutschland, das Vereinigte Königreich, Frankreich und Italien sind
unter Berücksichtigung des Abkommens, das hinsichtlich der Abtretung
des sudetendeutschen Gebietes bereits grundsätzlich erzielt wurde,
über folgende Bedingungen und Modalitäten dieser Abtretung und über
die danach zu ergreifenden Maßnahmen übereingekommen und erklären sich
durch dieses Abkommen einzeln verantwortlich für die zur Sicherung
seiner Erfüllung notwendigen Schritte:

1. Die Räumung beginnt am 1. Oktober.

2. Das Vereinigte Königreich, Frankreich und Italien vereinbaren, daß
die Räumung des Gebietes bis zum 10. Oktober vollzogen wird, und zwar
ohne Zerstörung irgendwelcher bestehender Einrichtungen, und daß die
tschechoslowakische Regierung die Verantwortung dafür trägt, daß die
Räumung ohne Beschädigung der bezeichneten Einrichtungen durchgeführt
wird.

3. Die Modalitäten der Räumung werden im einzelnen durch einen
internationalen Ausschuß festgelegt, der sich aus Vertretern
Deutschlands, des Vereinigten Königreiches, Frankreichs, Italiens und
der Tschechoslowakei zusammensetzt.

4. Die etappenweise Besetzung des vorwiegend deutschen Gebietes durch
deutsche Truppen beginnt am 1. Oktober. Die vier auf der anliegenden
Karte bezeichneten Gebietsabschnitte werden in folgender Reihenfolge
durch deutsche Truppen besetzt:

Der mit I bezeichnete Gebietsabschnitt am 1. und 2. Oktober, der mit
II bezeichnete Gebietsabschnitt am 2. und 3. Oktober, der mit III
bezeichnete Gebietsabschnitt am 3., 4. und 5. Oktober, der mit IV
bezeichnete Gebietsabschnitt am 6. und 7. Oktober.

Das restliche Gebiet vorwiegend deutschen Charakters wird unverzüglich
von dem oben erwähnten internationalen Ausschuß festgestellt und bis
zum 10. Oktober durch deutsche Truppen besetzt werden.

5. Der in § 3 erwähnte internationale Ausschuß wird die Gebiete
bestimmen, in denen eine Volksabstimmung stattfinden soll. Diese
Gebiete werden bis zum Abschluß der Volksabstimmung durch
internationale Formationen besetzt werden. Der gleiche Ausschuß wird
die Modalitäten festlegen, unter denen die Volksabstimmung
durchgeführt werden soll, wobei die Modalitäten der Saarabstimmung als
Grundlage zu betrachten sind. Der Ausschuß wird ebenfalls den Tag
festsetzen, an dem die Volksabstimmung stattfindet; dieser Tag darf
jedoch nicht später als Ende November liegen.

6. Die endgültige Festlegung der Grenzen wird durch den
internationalen Ausschuß vorgenommen werden. Dieser Ausschuß ist
berechtigt, den vier Mächten Deutschland, dem Vereinigten Königreich,
Frankreich und Italien in bestimmten Ausnahmefällen geringfügige
Abweichungen von der streng ethnographischen Bestimmung der ohne
Volksabstimmung zu übertragenden Zonen zu empfehlen.

7. Es wird ein Optionsrecht für den Übertritt in die abgetretenen
Gebiete und für den Austritt aus ihnen vorgesehen. Die Option muß
innerhalb von 6 Monaten vom Zeitpunkt des Abschlusses dieses Abkommens
an ausgeübt werden. Ein deutsch-tschechoslowakischer Ausschuß wird die
Einzelheiten der Option bestimmen, Verfahren zur Erleichterung des
Austausches der Bevölkerung erwägen und grundsätzliche Fragen klären,
die sich aus diesem Austausch ergeben.

8. Die tschechoslowakische Regierung wird innerhalb einer Frist von
vier Wochen vom Tage des Abschlusses dieses Abkommens an alle
Sudetendeutschen aus ihren militärischen und polizeilichen Verbänden
entlassen, die diese Entlassung wünschen. Innerhalb derselben Frist
wird die tschechoslowakische Regierung sudetendeutsche Gefangene
entlassen, die wegen politischer Delikte Freiheitsstrafen verbüßen.

Adolf Hitler
Neville Chamberlain
Mussolini
Ed. Daladier



Zusatz zu dem Abkommen                München, den 29. September 1938

Seiner Majestät Regierung im Vereinigten Königreich und die
französische Regierung haben sich dem vorstehenden Abkommen
angeschlossen auf der Grundlage, daß sie zu dem Angebot stehen,
welches im Paragraph 6 der englisch-französischen Vorschläge vom 19.
September enthalten ist, betreffend eine internationale Garantie der
neuen Grenzen des tschechoslowakischen Staates gegen einen
unprovozierten Angriff.

Sobald die Frage der polnischen und ungarischen Minderheiten in der
Tschechoslowakei geregelt ist, werden Deutschland und Italien
ihrerseits der Tschechoslowakei eine Garantie geben.

Adolf Hitler
Neville Chamberlain
Mussolini
Ed. Daladier



Zusätzliche Erklärung                  München, den 29. September 1938

Die vier anwesenden Regierungschefs sind darüber einig, daß der in dem
heutigen Abkommen vorgesehene Ausschuß sich aus dem Staatssekretär des
Auswärtigen Amtes, den in Berlin beglaubigten Botschaftern Englands,
Frankreichs und Italiens und einem von der tschechoslowakischen
Regierung zu ernennenden Mitglied zusammensetzt.

Adolf Hitler
Neville Chamberlain
Mussolini
Ed. Daladier



Zusätzliche Erklärung                 München, den 29. September 1938

Die Regierungschefs der vier Mächte erklären, daß das Problem der
polnischen und ungarischen Minderheiten in der Tschechoslowakei,
sofern es nicht innerhalb von 3 Monaten durch eine Vereinbarung unter
den betreffenden Regierungen geregelt wird, den Gegenstand einer
weiteren Zusammenkunft der hier anwesenden Regierungschefs der vier
Mächte bilden wird.

Adolf Hitler
Neville Chamberlain
Mussolini
Ed. Daladier



Zusatzerklärung                München, den 29. September 1938

Alle Fragen, die sich aus der Gebietsübergabe ergeben, gelten als
zur Zuständigkeit des internationalen Ausschusses gehörig.

Adolf Hitler
Neville Chamberlain
Mussolini
Ed. Daladier

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Typ: Keine